Darwin und das Ur-Federvieh (Der Archaeopteryx)

Lebendrekonstruktion: Nach neueren Untersuchungen (2011) ist anzunehmen, dass mindestens ein Teil des Gefieders schwarz war. (Bild: Wikimedia User NobuTamura)
Lebendrekonstruktion: Nach neueren Untersuchungen (2011) ist anzunehmen, dass mindestens ein Teil des Gefieders schwarz war. (Bild: Wikimedia User NobuTamura CC BY-SA 3.0 )

1860 wurde von einer Steinbrucharbeitern im Gemeindesteinbruch von Solnhofen eine 6cm lange Feder entdeckt.

Archaeopteryx-Feder, Fund von 1860 (Bild: Wikimedia User Vesta)
Archaeopteryx-Feder, Fund von 1860 (Bild: Wikimedia User Vesta CC BY-SA 3.0)

Das Fossil wurde als Archaeopteryx lithographica beschrieben, was soviel wie „Urflügel“ bedeutet. Der Artname „lithographica“ wurde aufgrund der Verwendung des Solnhofer Plattenkalks als Lithographiestein gebraucht. Eine Weltsensation stellte der Fund eines vollständigen und befiederten Urvogels im Solnhofer Plattenkalk 1861 dar. Der Name wurde auf das Federvieh übertragen. Zwei Jahre davor veröffentlichte Charles Darwin sein Werk über „Die Entstehung der Arten“, das das damalige Weltbild mit der Vorstellung des allmählichen Wandels der Formen in der Lebenswelt durch Mutation (Veränderung) und Selektion (Auslese), kurz Evolution genannt, revolutionierte. Die Vorstellung widersprach dem Schöpfungsgedanken der Bibel in seinen Grundsätzen. Die Veröffentlichung der Schrift führte zu heftigen Auseinandersetzungen unter den Gelehrten der Zeit und spaltete sie in zwei Lager: Die Bibeltreuen und die Anhänger Darwins und der Evolutionstheorie. In dieser Zeit waren viele Fossilien von Übergangsformen zwischen den Arten noch nicht bekannt, wurden ignoriert oder falsch gedeutet. Den Evolutionisten kam darauf der Fund des Urvogels Archaeopteryx natürlich gerade Recht. Er stellt nämlich ein bis dahin fehlendes, wichtiges Bindeglied, das sogenannte „missing Link“ zwischen den Sauriern und den Vögeln dar. Gerüchte von der Fälschung des Fossils wurden daraufhin von den Gegnern Darwins in die Welt gesetzt, die sich in ihren Glaubensgrundsätzen erschüttert sahen. Selbst 1985 wurde die Echtheit dieses Exemplars des Archaeopterx von fachfremden Wissenschaftlern (Astronomen) angezweifelt. Jedoch war es ein Leichtes nach einigem Trubel über die angebliche Fälschung, der durch die Presse ging und nach einer darauffolgenden gründlichen Untersuchung durch Spezialisten, seine Echtheit zu bestätigen. Das Exemplar ist heute im Britischen Museum in London und wird deshalb Londoner Exemplar genannt. In der Zwischenzeit wurden lediglich zwölf weitere, zum Teil nur fagmentarische erhaltene Exemplare des Urvogels in der Gegend von Solnhofen und Eichstätt gefunden oder wurden erst im nachhinein als solche erkannt. Die wichtigsten und schönsten Funde sind:

Das „Londoner Exemplar“, gefunden 1861 auf der Langenaltheimer Haardt bei Solnhofen, gehört zu den drei bedeutendsten Exemplaren. Es war der erste vollständige Fund eines Skeletts und ist das Typus-Exemplar der Art Archaeopteryx lithographica. Wenige Monate nach dem Fund erwarb das Londoner Natural History Museum (damals noch zum British Museum gehörend) das Exemplar von seinem Besitzer, dem Pappenheimer Kreisarzt Carl Friedrich Häberlein (1787–1871).

Das Londoner-Exemplar, der erste Fund
Das Londoner-Exemplar, der bedeutendste Fund (CC0)

Das Berliner Exemplar, 1876 in Blumenberg b. Eichstätt (Naturkundemuseum der Humbold-Universität Berlin).

Archaeopteryx lithographica Das Berliner Exemplar
Archaeopteryx lithographica Das Berliner Exemplar, (Naturkundemuseum der Humbold-Universität Berlin) (Bild: Wikimedia User H. Raab CC BY-SA 3.0)

Das Eichstätter Exemplar, 1951 gefunden, erst 1970 als Urvogel erkannt (Jura-Museum Willibaldsburg).

Das Eichstätter Exemplar (Bild: Wikimedia User Vesta)
Das Eichstätter Exemplar (Bild: Wikimedia User Vesta CC BY-SA 3.0)

Das Maxberg-Exemplar, im Langenaltheimer Haardt 1956 gefunden (bis 1976 als Leihgabe im Maxberg-Museum).

Solnhofener Exemplar, Zeitpunkt des Fundes unbekannt, erst 1970 als Urvogel in Privatsammlung entdeckt und erkannt (Bürgermeister Müller-Museum).

Das „Thermopolis-Exemplar“ wurde 2005 vom Besitzer des Wyoming Dinosaur Center in Thermopolis gekauft. Herausragend an dem neuen Exemplar ist neben seinem äußerst guten Erhaltungszustand die Tatsache, dass erstmals der Kopf von oben zu sehen ist und der Mittelfußknochen einen nach oben gerichteten Fortsatz aufweist.

Thermopolis-Exemplar
Thermopolis-Exemplar (Bild: Wikimedia User Stephan-Schulz CC BY-SA 3.0)

Im Jahr 2011 wurde erstmals das 11. Exemplar der Öffentlichkeit präsentiert, das bereits vor mehreren Jahrzehnten im Raum Eichstätt entdeckt worden war. Es zeichnet sich durch eine besonders gute Federerhaltung – ähnlich dem „Berliner Exemplar“ – aus.

Das bislang letzte (12.) Exemplar wurde 2010 von einem Finder, dessen Name geheim gehalten wird, in einem Erlebnissteinbruch in Schamhaupten im Landkreis Eichstätt entdeckt. Noch im Besitz des Finders, wird das Fossil von den Eigentümern des Steinbruchs beansprucht, um es musealen Zwecken zuzuführen.

Die meisten der Archaeopteryx-Exemplare zeigen eine verkrümmte Halswirbelsäule. Diese typische Rückwärtskrümmung bildete sich erst nach dem Tode der Tiere im Wassergrab heraus.

Archaeopteryx wird in der Regel als der urtümlichste Vogel definiert, das heißt, alle Arten, die mit den Modernen Vögeln (Neornithes) entfernter verwandt sind als Archaeopteryx, gelten als den Vögeln nicht zugehörig. Unter den mesozoischen Vögeln gibt es manche, die nur wenig näher mit den heutigen Vögeln verwandt sind als Archaeopteryx: Rahonavis und Jeholornis haben mit Archaeopteryx unter anderem den langen knöchernen Schwanz gemein, den höher entwickelte Vögel (Pygostylia) abgelegt haben.

Rahonavis ostromi, ein Dromaeosaurier aus der späten Kreide
Rahonavis ostromi, ein Dromaeosaurier aus der späten Kreide von Madagascar (Bild: Wikimedia User Nobu Tamura CC BY-SA 3.0)

Innerhalb der theropoden Dinosaurier gelten die Deinonychosaurier als nahe Verwandte der Vögel – beide Gruppen werden in der übergeordneten Gruppe Paraves (Eumaniraptora) zusammengefasst. Ein Merkmal, das die Deinonychosaurier mit Archaeopteryx und Rahonavis verbindet, ist die überdehnbare („hyperextensible“) zweite Klaue des Fußes. Federn mit einer geschlossenen Federfahne waren vermutlich bereits bei den Vorfahren der Paraves ausgeprägt.

ParavesWikip
Quelle: Wikipedia